19 Okt 2017, 14:01
Hallo Melanie,
ich antworte etwas ausführlicher, damit Mitlesende mehr davon haben.
Zunächst einmal: Verzweifle nicht. Was und wie du schreibst – etwa die Tatsache, dass du überhaupt daran denkst, einen Kodierleitfaden aufzustellen und auszugeben – zeigt, dass du definitiv auf dem richtigen Weg bist. Du bist nur verwirrt von den verschiedenen Begrifflichkeiten von Mayring und Kuckartz. Du kannst jetzt locker in die eigentliche Auswertung einsteigen.
[b:zoiu5wnx]Deduktive Codes = Hauptcodes?[/b:zoiu5wnx]
Du bist beim Erstellen der deduktiven Kategorien korrekt vorgegangen. Und ja, deduktive Kategorien dürfen auch Subcodes sein. Deduktive Kategorien sind nicht mit Hauptcodes und induktive Kategorien nicht mit Subcodes gleichzusetzen. Die Grafik mit dem QIA-Ablaufschema bei Kuckartz ist dahingehend irritierend, weil sie, im Gegensatz zum Text, diese Gleichsetzung nahelegt. In deinem Fall macht es Sinn, dass es auch deduktive Subcodes gibt. Anders herum können induktive Kategorien Hauptcodes werden, z.B. wenn sie einen neu entdeckten und wichtigen Aspekte repräsentieren.
[b:zoiu5wnx]Induktive Subcodes notwendig?[/b:zoiu5wnx]
Du benötigst nicht zwangsläufig induktive Kategorien. Wenn dein deduktives Raster genügt, um das Material entsprechend deiner Auswertungsinteressen zu strukturieren und es alle interessanten Aspekte abdecken kann, muss es nicht induktiv unterfüttert werden. Das ist für qualitative Methoden nur untypisch, weil sie u.a. genutzt werden, um offen für neue/unbekannte Aspekte zu sein, die eben nicht „deduktiv vorausgesehen“ werden können. Gegenstandspezifisch kann es aber ebenso sein, dass wirklich nur die vorher ausgesuchten Aspekte des Materials von Interesse sind, weshalb keine induktiven Codes generiert werden.
[b:zoiu5wnx]„Restkategorie“[/b:zoiu5wnx]
Die Idee mit der „Restkategorie“ ist sehr gut. Ich empfehle bei Workshops ebenfalls einen Code für potentiell wichtige, aber (noch) nicht kategorisierbare Stellen, den ich „Baustelle“ nenne. Nachdem die Daten codiert wurden, können die Baustellen-Codierungen teilweise zugeordnet werden.
Im Zweifelsfalls – grundlegender Tipp: Immer so handeln, wie man es gegenstands- und projektspezifisch am sinnvollsten für das Erzeugen möglichst guter Ergebnisse hält. D.h. selbst wenn die Methode nur deduktive Haupt- und induktive Subcodes vorsehen würde (was nicht der Fall ist!), würde ich in diesem Fall davon abweichen und dies im Methodenteil begründen.
[b:zoiu5wnx]Kategorienhandbuch und Kategorienleitfaden[/b:zoiu5wnx]
Ja, das Kategorienhandbuch ist die Summe deiner Code-Definitionen und mit den drei von dir genannten Definitionselementen bist du gut aufgestellt. Ich nutze das Elemente „Regel“ z.B. nur optional, etwa um einen Code von einem thematisch naheliegenden abzugrenzen, und nicht obligatorisch. Mit der Funktion „Codebuch“ im Reports-Hauptmenü kannst du die Datei automatisch erzeugen lassen, wenn die Definitionen als Code-Memos hinterlegt wurden.
Ein Kodierleitfaden hingegen ist Kategorienhandbuch + allgemeine Kodieranweisungen (im Gegensatz zu codespezifischen Regeln). Diese Anweisungen beschreiben den Kodierstil und können formuliert werden, nachdem du dir Fragen über die Art des Kodierens beantwortet hast. Hast du während des Codierens z.B. darüber nachgedacht, was die kleinste und/oder größte Einheit einer Codierung sein soll oder ob du sich wiederholende Informationen an allen Stellen oder z.B. nur an der aussagekräftigsten Stelle codierst? Dann kannst du das Ergebnis als Regel formulieren und zusammen mit dem Handbuch abgeben. Du musst sie dir aber nicht aus den Fingern saugen.
[b:zoiu5wnx]Extraktion[/b:zoiu5wnx]
Wie du technisch die Extraktion umsetzt ist egal – es gibt verschiedene Wege. Wichtig ist, dass du durch die codebasierte Auswertung alle Stellen/Codings findest, die für ein Thema/einen Code relevant sind. Dein Vorschlag, eine Tabelle pro Code zu exportieren, ist auch ein Weg, aber der unübersichtlichste und vor allem der für dich umständlichste. Aus pragmatischen, jedoch nicht aus methodischen Gründen ist davon abzuraten, wenn keine projektspezifischen Gründe sehr dafür sprechen.
Am besten aktivierst du die gewünschten Dokumente und mind. einen Code und sichtest die Ergebnisse in der „Liste der Codes“. Falls du als Anlage eine Übersicht der Codings mitgeben willst, starte den „Code-Matrix-Browser“ im Visual Tools-Hauptmenü und klicke auf „Segmentmatrix“. Dir wird eine Tabelle Dateien/Fälle/Anzeigen X Codes erzeugt, in deren Zellen die Codings stehen. Wenn du jedoch die „Summary Grid“ im Analyse-Hauptmenü nutzt, sichtest du die Codings dort statt in der „Liste der Codes“ und formulierst direkt die Paraphrasen. Mit der „Summary Tabelle“ kannst du erneut eine Tabelle Anzeigen X Codes erzeugen, diesmal jedoch mit den Paraphrasen statt Codings in den Zellen, die du als Anlage abgeben kannst.
[b:zoiu5wnx]Forschungsfragen[/b:zoiu5wnx]
1. „welche Benefits und ob überhaupt Benefits geboten werden müssen“ > Du kannst analysieren, welche Angebote gemacht werden und dies in der Diskussion dahingehend besprechen, dass attraktivere Angebote auf den Konkurrenzkampf um Fachkräfte zurückzuführen sind. Jedoch kannst du dies nur vermuten oder auf Basis des Forschungsstands sagen und nicht als Ergebnis deiner empirischen Arbeit, da du nur die Anzeigen untersuchst. Um zu wissen, was „geboten werden muss“ müsstest du Interviews mit z.B. Personalern machen und herausfinden, warum die Angebote verbessert werden und welche Zusatzangebote Wirkung zeigen. Es gibt diverse Wege mit diesem Problem umzugehen. Du könntest z.B. die Forschungsfrage leicht umformulieren. Es ist bereits gut untersucht, dass Arbeitgeber ihre Attraktivität erhöhen (müssen), wenn sie vom Fachkräftemangel betroffen sind. Du könntest darauf aufbauend fragen, ob sich dies bereits an den Anzeigen zeigt. Jedoch wird auch dies etwas schwer, weil du dafür eigentlich ältere und aktuelle Anzeigen vergleichen musst.
2. „Noch dazu möchte ich die Aufgaben und das Anforderungsprofil (Fachkraft für Altenpflege) durch die qualitative Analyse darstellen um diese dann mit dem Berufsbild vergleichen zu können und darzustellen, welche Aufgaben und Anforderungen von den Bewerbern gefordert werden.“ > Das kann vollständig mit den gewählten Methoden geschehen.
Zuletzt geändert von
A.Morgenstern-E am 19 Okt 2017, 14:23, insgesamt 1-mal geändert.